Am KinkakujiDen Koffer gepackt, die nötigsten Vokabeln gelernt, die letzten Gastgeschenke besorgt und den Reisepass kontrolliert und alles doppelt und dreifach gecheckt… und dann war es soweit.

Voller Aufregung und Nervosität trafen sich 11 Schüler aus Lemgo und 2 Schüler aus Bielefeld am Bielefelder Bahnhof, um ins Land der aufgehenden Sonne zu reisen.

Nach einer langen und anstrengenden Reise über Düsseldorf, Frankfurt und Tokyo erreichten wir nach fast 24 Stunden unser Ziel: Tokushima auf der Insel Shikoku, wo wir glücklich und erschöpft zum ersten Mal realisierten, dass wir in unserem Traumland angekommen waren. Dort wurden wir schon freudestrahlend von unseren Gastfamilien empfangen, zu denen wir bereits vorher Kontakt hatten. Nach ein paar Fotos trennte sich die japanisch-deutsche Gruppe und jeder fuhr mit seiner Gastfamilie nach Hause. Obwohl es bereits Abend war, dachte die Hitze gar nicht daran, sich ebenfalls zur Ruhe zu geben. Die Temperaturen und die Schwüle, die uns beim Verlassen des Flughafens entgegenschlugen, gaben uns schon mal einen Vorgeschmack auf die kommenden Tage.

Nach dem ersten Kennenlernen fiel ich schließlich hundemüde in mein Bett. Schon an diesem Abend spürte man die familiäre und gastfreundliche Atmosphäre. Völlig begeistert war ich auch von meinem Bett: Ein Futon im Tatami-Zimmer.

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit der Gastfamilie machten meine Gastschwester und ich uns auf dem Weg zur Schule. Zum ersten Mal fielen mir bewusst die Unterschiede der japanischen Städte zu den deutschen Städten auf: waagerechte Ampeln, Linksverkehr (an den ich mich nie gewöhnen konnte) und Fußgängerampeln mit Zebrastreifen. Trotz alledem fühlte ich mich schon zu diesen Zeitpunkt wie zu Hause.

Vor dem Bahnhof von TokushimaIn der Schule wurden eine Mitschülerin und ich dann von der Englischlehrerin Tada-sensei empfangen. Dort sind wir dann auch aus der anhaltenden Hitze geflüchtet und wurden in einen klimatisierten Raum gebracht. Nach einer kurzen Besprechung, bei der der erste Abend das Thema Nr. 1 war, ging es dann zur Empfangsfeier in der Sporthalle.Hier machten wir zum ersten Mal die Erfahrung, wie es ist, als Ausländer in eine japanische Stadt zu kommen. Alle starrten uns an. Man fühlte sich teilweise, als käme man vom anderen Stern. Auch bei uns in Deutschland ist es bekannt, dass die Japaner sehr gerne schenken. Bei uns war das keine Ausnahme. Jeder von uns bekam ein Geschenk, obwohl wir Fremde waren und niemand uns kannte.

Uzo no michi – Die StrudelbrückeDer Samstag gehörte alleine den Gastfamilien. Bei der Fahrt zum Shoppingcenter sah ich die beeindruckende Landschaft Tokushimas und bekam die japanische Gastfreundschaft durch eine Einladung zum Mittagessen (Udon) zu spüren. Man scheute keine Mühen und fuhr mit mir sogar an den Pazifischen Ozean. An diesem Tag durfte ich ein beeindruckendes Naturschauspiel sehen. In Naruto steht die berühmte Uzo no michi, die Strudelbrücke, unter der sich riesige Strudel bilden.

PuppenspielDie nächsten Tage, wieder so heiß wie die ersten beiden, waren geprägt von der Kultur der Region. Wir besuchten das Tokushima-Museum, das Puppenmuseum und lernten den Awaodori (Awa-Tanz). Die Region Tokushima hat als alte Awa-Region eine alte und stolze Tradition, die wir in vielen Bereichen kennen lernten. Die Kultur und die Landschaften machen Tokushima zu einer sehenswerten Region, die man, wenn man nach Japan kommt, unbedingt besuchen sollte.

Indigo-FärbereiAm Dienstag stand dann unser Besuch beim Vizeregierungspräsidenten von Tokushima an. Fernsehen und Presse waren auch dabei. Voller Nervosität saßen wir im Konferenzraum und harrten der Dinge. Der Vizeregierungspräsident war ein sehr netter Mann, der sich sehr für uns interessierte und alles über unseren bisherigen Aufenthalt wissen wollte. Da verflog die Nervosität schnell. Anschließend fand ein Besuch der Indigofärberei statt, wo wir auch selber färben durften. Der Tag war der heißeste, den wir erlebten, was auch bei uns zu erheblichen Kreislaufproblemen führte.

Neben dem Kulturprogramm, bei dem wir sehr viel über die japanische Mentalität und Kultur lernen durften, war auch der Austausch mit japanischen Schülerinnen und Schülern bzw. Studentinnen und Studenten ein wichtiger Punkt auf unserer Reise. So lernten wir die Universität Tokushima und die Kita-Oberschule kennen. Die Studenten empfingen uns herzlich und führten uns durch die Universität. Es ist erstaunlich, dass Tokushima kleiner als Bielefeld ist, die Uni jedoch viel größer.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen in der Mensa mit den Studenten, wo uns natürlich alle anstarrten, ging es zur Kita-Oberschule. Dort trafen wir dann auch auf eine amerikanische Referendarin, die ihre Referendarzeit an der Schule verbrachte. Auch hier hatten wir wieder die Möglichkeit, uns mit den Schülern auszutauschen. In Gruppen hatten die japanischen Schüler uns mit Origami, Süßigkeiten und japanischen Spielen überrascht.

Vor dem JinjaDie japanischen Schüler waren sehr an uns interessiert und stellten uns viele Fragen über uns und über Deutschland. Wir fanden besonders die japanischen Spiele sehr interessant und versuchten diese zu spielen, was bei uns teilweise sehr lustig aussah.

In der Zeit außerhalb des offiziellen Programms habe ich mit meiner Gastfamilie noch viel unternommen. Ein Highlight war der Besuch des Onsen (heiße Quellen). Es war das erste Mal, dass ich so etwas gemacht habe, und es hat mir sehr gefallen. Ein Onsen und heiße Quellen gibt es in Deutschland nicht, was den Besuch zu einer besonderen Erfahrung werden ließ. Des Weiteren lernte ich die japanische Küche sehr gut kennen. So gab es in meiner Gastfamilie immer unterschiedliche Gerichte und ich bekam einen großen Einblick in die japanische Küche.

Mittagessen
 Mit Gastschwester Hikaru

Nach unvergesslichen, aber auch anstrengenden Tagen war es Zeit für den Abschied. Tränenreich wurden die letzten Adressen und Geschenke ausgetauscht. Uns allen fiel der Abschied schwer, da wir die Familien auf Zeit, die uns so herzlich aufgenommen haben, ins Herz geschlossen hatten. Schließlich saßen wir im Bus auf dem Weg nach Kyoto. Kyoto ist als alte Kaiserstadt eine der kulturell wichtigsten Städte in Japan. Dort war es dann noch mal ein paar Grad wärmer, was wir sofort bemerkten („Ist das heiß hier!“). Mit Handgepäck und Koffern mussten wir dann mit dem Bus zur Jugendherberge. Dort hieß es dann, das Gepäck auf die Zimmer bringen, ein Getränk besorgen und schon waren wir wieder auf Achse. Es ging zum „Kinkakuji“, dem goldenen Tempel.

Wir am KinkakujiWir am Kinkakuji Am folgenden Tag besuchten wir einen der größten Tempel Kyotos und das alte Schloss. Bevor wir überhaupt merkten, dass wir ganz in Kyoto ankamen, waren diese Tage auch schon vorbei und die Heimreise stand an. Nach einer ebenso langen Heimreise wie auf den Hinweg erreichten wir spätabends entnervt, erschöpft und ziemlich durchgefroren (Der Temperaturunterschied war sehr groß) wieder Bielefeld, wo unsere Japanreise schließlich ein Ende fand. Voller neuer Erfahrungen und vielleicht auch ein bisschen traurig, da wir das Land und die Leute lieb gewonnen hatten, fuhr jeder zu sich nach Hause.