Daniel Tsah, ein lebendiger, fröhlicher Mann im besten Alter, ist Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund. Als Kantor oder Vorbeter (hebräisch: Chasan) nimmt er in seiner Gemeinde eine tragende liturgische Rolle im jüdischen Gottesdienst ein. Der gebürtige Jerusalemer erhielt seine Ausbildung zum Vorbeter bei dem berühmten Berliner Oberkantor Estrongo Nachama. Am Dienstag, dem 23. September, gab er in der Dortmunder Synagoge ein Konzert, das zum Exkursionsziel für alle drei Hebräischkurse des Ceciliengymnasiums wurde.
Nach etwa einstündiger Anreise mit dem Zug und nach einem gemeinsamen Fußmarsch durch das verregnete Dortmund erreichten wir die Synagoge der (orthodoxen) Jüdischen Kultusgemeinde, einen typischen Synagogalbau der 1950er-Jahre. (Wie in nicht-liberalen jüdischen Gemeinden üblich, saßen Männer und Frauen getrennt.)
Das gut einstündige musikalische Programm konzentrierte sich auf bunte, zum Teil traditionell aschkenasische, zum Teil aber auch unkonventionellere Interpretationen bekannter jüdischer Sakralgesänge, vornehmlich solche, die zu den hohen Festtagen Rosch ha-Schana (dem jüdischen Neujahrsfest, diesjährig auf den 29. September fallend) und Jom Kippur (dem zehn Tage später stattfindenden Versöhnungstag) gesungen werden, unter anderem auch Kol Nidre, das wohl bekannteste Gebet zu Jom Kippur.
In einem kleinen Interloquium erklärte Rabbiner Avichai Apel die Bedeutung dieser beiden Festtage und die Rolle des Kantors.
Abschließend gab Kantor Tsah eine längere Reihe von Zugaben,
die auch allgemein bekanntere jüdische Lieder wie Osse Shalom oder
Hevenu Schalom Alejchem umfasste; für ein Lied betätigte er sogar die
Trommel.
Tsah überzeugte besonders mit seiner volltönenden, kräftigen
Stimme und seiner emotional expressiven Interpretationsweise, schuf
aber auch im Gottesdienstraum der Synagoge eine locker-beschwingte
Atmosphäre – mehrmals forderte er das Publikum auf, in den einen oder
anderen bekannten Gesang mit einzustimmen.