Prof. Ménudier gibt einen Überblick über die deutsch-französischen Beziehungen

Professor Henri Ménudier diskutiert mit Schülerinnen und Schülern des Ceciliengymnasiums

Wer könnte besser über die deutsch-französischen Beziehungen Auskunft geben und auf Fragen antworten als der Politologe, Herr Prof. Henri Ménudier, Professor an der Sorbonne III in Paris und langjähriger Berater der französischen Präsidenten in deutsch-französischen Fragen?

Mit der Unterstützung der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bielefeld und der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde es möglich: Herr Professor Ménudier kam am 1. Februar 2013 in das Ceciliengymnasium, um mit Schülerinnen und Schülern der Grund- und Leistungskurse über die Bedeutung guter Beziehungen beider Länder zu diskutieren und um die Zukunftsperspektiven der Schülerinnen und Schüler der Oberstufe aufzuzeigen.

Prof. Ménudier beantwortet Fragen der Schüler

Ein Aspekt, der die Schülerinnen und Schüler brennend interessierte, war die Bedeutung der Beziehungen zwischen den Regierungschefs – Frau Merkel und Herrn Hollande – sozusagen die „Merkollande“ – für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern insgesamt. Die Medien gingen in ihren Berichterstattungen eher von einem sehr distanzierten Verhältnis zweier Partner unterschiedlicher Parteien aus, auch wenn inzwischen die „bise“ als traditionelle Begrüßung der Franzosen zu sehen war. Ist also zu befürchten, dass das Verhältnis beider Länder durch die Parteizugehörigkeit der Regierungschefs beeinträchtigt wird?

Professor Ménudier erläuterte ausführlich, dass im Elysée-Vertrag wohlweislich ein regelmäßiger Austausch von Ministern und hohen Staatsbeamten beider Länder vereinbart worden ist, die im Hintergrund agieren und beratend auf ihre jeweiligen Regierungschefs einwirken, sodass die deutsch-französischen Beziehungen nicht von der Sympathie der Regierungschefs untereinander oder von ihrer Parteizugehörigkeit abhängen.

Die Wirtschaft spiele eine ebenfalls wesentliche Rolle in den deutsch-französischen Beziehungen, bemerkte Professor Ménudier. Frankreich sei immer noch Deutschlands wichtigster Handelspartner. François Hollandes große Herausforderung bestehe darin, seine Wahlversprechen einzulösen und die Wirtschaft anzukurbeln, um auch der großen Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Deshalb setze er sich bisweilen von Angela Merkel für die Öffentlichkeit ab. Dennoch sei beiden sehr daran gelegen, gute Beziehungen zum Nachbarland zu pflegen.

Prof. Ménudier im Gespräch mit Schülern

Zufriedenheit der Menschen sei ein sehr großes Anliegen der Politiker und diene dem sozialen Frieden. Nur ein starkes, vereintes Europa könne in Zukunft den Herausforderungen, die eine globalisierte Welt mit sich bringe, standhalten. Jedes europäische Land allein sei viel zu schwach, um es mit der Konkurrenz der aufstrebenden Länder wie Indien, China oder Brasilien aufzunehmen. Deshalb träten die Politiker beider Länder für eine starke deutsch-französische Beziehung in einem starken Europa ein.

Da Frankreich der wichtigste Handelspartner Deutschlands ist, komme der Sprache auf dem Arbeitsmarkt eine besondere Bedeutung zu, denn viele Stellen in Firmen könnten nicht besetzt werden, weil es an der deutsch-französischen Zweisprachigkeit mangele: ein eindeutiger Appell an das Erlernen der französischen Sprache!

Das Deutsch-Französische Jugendwerk bietet – auch das ist im Elysée-Vertrag beschlossen worden – vielfältige Möglichkeiten des Austauschs mit Frankreich. Dies sind beispielsweise die AustauschprogrammeVoltaire und Brigitte Sauzay für Schülerinnen und Schüler oder Erasmus für Studenten. Professor Ménudier wies auch auf die Doppelqualifikationen hin, die duale Ausbildungs- und Studiengänge bieten. Alors, profitez-en!

Am Ende der Veranstaltung hatte Herr Professor Ménudier anschaulich und mit seinem unglaublichen Insiderwissen alle Anwesenden überzeugt: Der Elysée-Vertrag, einst unter schwierigen Bedingungen ausgehandelt, kann zwar nicht immer Reibereien zwischen beiden Ländern verhindern, aber er garantiert eine ständige Kommunikation von Vertretern beider Länder mit dem Ziel, Lösungen zu finden und das Verhältnis positiv zu gestalten, was man an dem Beispiel der beiden Regierungschefs bestätigt sieht. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es eine Vision de Gaulles und Adenauers war, die inzwischen längst Realität geworden ist.

Prof. Ménudier mit dem Artikel aus der „Zeit“

Einen herzlichen Dank an Professor Ménudier für diese informative und motivierende Veranstaltung! Er fand den Weg nach Bielefeld, obwohl er in der Zeit gelesen hatte, dass es eine Bielefeld-Verschwörung gebe und es Bielefeld gar nicht gebe…